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20. Denke an das Problem

Optimismus ist bloß ein Mangel an Information. Und somit der zweitgefährlichste „Ismus“ überhaupt, gleich nach dem digitalen Infantilismus.

Rasch führt Optimismus zu Meningismus, also einer Reizung der Gehirnhäute mit üblen Kopfschmerzen. Du kannst das vermeiden, wenn du deine Aufmerksamkeit niemals auf die Lösung, sondern immer auf das Problem richtest. Dieses bläht sich dann auf und wächst mächtig in alle Richtungen. Bald füllt wohltuender Pessimismus dein ganzes Gesichtsfeld aus. Es existiert nur noch das Problem. Es drückt dich sanft an die Wand wie ein übergroßer Luftballon. Endlich siehst du nichts mehr von diesem blöden blauen Himmel und der lästigen Sonne.

Apropos Sonne. Das Wetter hilft dir dabei, etwas Wichtiges zu begreifen: Und zwar warum manche sagen, das Glas sei halb voll. Weil die Welt so toll ist? Weil alle Hand in Hand unter einem goldenen Regenbogen lachend Ringelreigen tanzen? Nö. Aber der Regenbogen gibt schon einen Hinweis: Es regnet meistens. Es tröpfelt nass und kalt in dein persönliches Glas, bis es leider halb voll ist. Davor war es perfekt leer, trocken und sauber gewesen, du hattest es doch eben aus dem Geschirrspüler geholt. Die Regenflecken gehen total schwer raus. Aber viel Spaß beim Putzen, du schaffst das!

 

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21. Sei herzlos

Herz bringt Schmerz. Und was sich reimt, ist bekanntlich wahr. Verliere dein Herz nicht leichtfertig an jemanden.

Das pochende Herz ist dein wichtigstes Organ. Es jagt den roten Saft wie am Nürburgring im Kreis. Zugleich hockt dort in einem dunklen Kämmerchen die Liebe. Die ist die meiste Zeit schlecht gelaunt, weil sie kein Zimmer mit Meerblick hat.

Wenn du nun jemanden neu kennen lernst, schießt das Blut nur so durch dein Herz. Die Wogen gehen hoch. Für die Liebe wird es ungemütlich. Sie bekommt nasse, rote Füße. Dann wird sie aber so richtig sauer, das ist auch der Grund für die weitverbreitete Übersäuerung des Blutes. Damit dir das nicht passiert, begegne anderen Menschen zunächst immer nur mit halber Begeisterung, oder besser noch mit Viertel-, Achtel- oder Sechzehntelfreude.

 

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22. Hör‘ auf zu wachsen

Ständiges Erweitern muss nicht sein. Klein ist das neue Groß. Das siehst du schon an der Gegenüberstellung von verschiedenen Begriffspaaren: „Kleines Unglück“ zu „Großes Unglück“. Oder „Kleiner Schuldenberg“ zu „Großer Schuldenberg“. Was hättest du lieber?

Denke auch an die Riesen in den Märchen und Sagen. Die haben doch meistens die Arschkarte gezogen. Das ist seit der Antike so. Odysseus stach dem gewaltigen Zyklopen einfach mal so das einzige Auge aus. Nur weil der so groß war (na gut, und seine Gefährten aufgefressen hatte).

Sich ein Leben lang weiterzuentwickeln und immer neue Erfahrungen zu machen: Auch das ist Wachstum. Bevor du zum Riesen wirst, sperre dich lieber daheim ein und starre immer in den selben Winkel des Zimmers. Und zwar in den ganz links unten.

 

 

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23. Täusche dich

Lass das ganze Jahr über Karneval sein: Gib dich der Ablenkung, Verkleidung, der Maske der anderen hin. Setze äußere Erscheinung mit inneren Werten gleich. Du glaubst gar nicht, wie viele Probleme das löst.

Wie du dich am effektivsten täuschen lässt? Blicke den Gestalten nicht so genau ins Gesicht, streife die Augenpaare nur im Vorübergehen. Nimm grundsätzlich an, dass gute Absichten nicht häufiger sind als Wohlgerüche in der U-Bahn.

Und sei streng mit den Menschen, die dir zombie-gleich entgegenkommen: Denn sie wissen nicht mehr, was sie letzten Sommer getan haben – nämlich das Gleiche wie jeden Sommer: Eisbecher essen.

 

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24. Glaube den Experten

Der Himmel hat sie uns geschickt: Experten. Unermüdlich erklären sie die Welt.

Finanzexperten sind die Genies der Zahlen. Sie wissen, welche Aktien dich in Reichtum schwimmen lassen. Selbst kaufen sie andere Papiere. So fair sind sie.

Versicherungsexperten helfen Gefahren zu erkennen, von denen du nichts geahnt hast. Indirekter Blitzschlag – schauderhaft. Rasch die Raten verdoppeln. Experten helfen dir beim neuen Vertrag.

Als allwissende Götter und Göttinnen erleuchten die Experten unser schlichtes Gemüt. Sie sind keineswegs überrascht, wenn ein Land plötzlich nichts anderes mehr tut als virtuellen Monstern nachzujagen. Dann erklären sie: Klar, das war vorhersehbar. Die statistischen Parameter und heuristischen Werte ließen gar nichts anderes zu, als dass 90 % der Bevölkerung auf’s Handy starrend ins nächste Auto rennt.

Vorhersagen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. Aber sie tun ihr Bestes für uns, die Experten. Glaube an sie, auch wenn der Wetterexperte in kurzen Hosen und Strandsandalen völlig durchnässt durch den Regen rennt. Glaub‘ dem traurigen Glücksexperten, dem bettelarmen Anlageberater und dem dicken Abnehm-Profi.

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25. Lebe in der Vergangenheit

Früher war alles viel besser! Das musst du doch zugeben. Frag’ dein Gedächtnis, das ist so wahrheitsliebend wie Pinocchio.

Damals war die Sonne wärmer und der Winter noch echt kalt. Alles schmeckte viel leckerer. Musik konnte man anfassen, sie lebte auf funkelnden Scheiben. Die Melodien waren noch nicht als gruselige Wolke einfach überall.

Daher siehst du besser nach hinten statt nach vorne. Vermeide das Risiko des Unbekannten. Lehne Neues erst mal aus Prinzip ab. Dann hast du alle Chancen ein ewig Gestriger zu sein. Mit einem schnuckeligen Haus am Langeweile-See mit hervorragendem Blick auf den Schnee-von-gestern-Berg.

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26. Verzichte auf Urlaub

Urlaub machen – so etwas Unsinniges gibt es in der Tierwelt nicht! Hast du schon mal einen Hund gesehen, der chillend mit Sonnenbrille ein Cocktailglas in der Hand hält? (Außer auf dem Cover des Romans „Echt jetzt?“ von Tim Eckhaus). Und Löwen fressen keine Pinguine, weil beide Spezies eben nicht verreisen.

Wenn möglich, solltest du deinen Chef bitten, dir jeden Urlaubsanspruch zu streichen. Planen, Packen, Geld und Stress – das sind nur vier der Dinge, die du dir sparst, wenn du nie Urlaub machst. Am überfüllten Strand zu braten, dabei die Farben der Sonnenöl-Schicht auf dem Wasser zu beobachten und 16-mal täglich all inclusive zu essen: Es geht auch ohne.

Urlaub ist eine unnatürliche Unterbrechung des Arbeitsprozesses. Eine Art Stop-and-Go des Alltags. Verbrauchst du nur mehr Benzin.

Besonders aber ist zu beachten, dass die meisten Trennungen im Urlaub stattfinden. Das liegt nicht daran, dass SIE und ER die sieben Monate davor kein Wort miteinander gesprochen haben. Das liegt bloß am blöden Urlaub.

 

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27. Lehne Verantwortung ab

„Ich war’s nicht.“ – das sollte immer dein Motto sein. Wenn irgendwo was schief läuft, bist du am besten nie dort gewesen. Deine selbst gezimmerte Sauna kracht zusammen? Ziehe dich aus der Affäre, tauche unter, entmaterialisiere dich. Beam’ dich weg, solange du noch kannst.

Wenn aber alles gelingt, das stolze Bauwerk in die Wolken ragt und alle klatschen, komm’ wieder hervor. Dann warst du der Architekt, dann war alles deine Idee, ohne dich wär’s nicht gegangen.

So machst du dich beliebt.

 

 

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28. Unterbinde Kritik

An dir gibt es nichts zu verbessern. Das findet auch deine Mutter. Warum also solltest du andere fragen, was sie von deinem Verhalten denken?

Wenn du dich an der Kasse vordrängst, wenn du Müll aus dem Fenster wirfst – ist dann aufkommende Kritik nicht nur der Versuch, dich einzuengen? Dir falsche Werte aufzuzwingen?

Es ist doch OK von dir, das Dreifache der essbaren Menge auf den Teller zu laden. Komm schon, es ist ein All-you-can-eat Büffet!

Bleib resistent, frag‘ nicht nach Feedback. Reagiere beleidigt und unausstehlich, wenn dir jemand einen gut gemeinten Tipp gibt. Jetzt zum Beispiel!

 

 

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29. Sei abergläubisch

Die Zeichen sind überall, du musst sie nur sehen. Eine schwarze Katze humpelt von rechts nach links – was wird denn da wieder passieren? Ein Schornsteinfeger zieht eine dunkle Spur durch den Schnee. Und das auch noch an einem Donnerstag, dem 12., oder Samstag, dem 14.

Übernatürliche Kräfte lenken dein Leben. Da kannst du nichts machen. Wenn dein Horoskop gegen dich ist, sage alle Unternehmungen rasch ab. Zu riskant.

Aberglaube ist der einzig wahre Ratgeber – erprobt über die Jahrhunderte. Entstanden in einer Zeit, in der man noch wusste, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Die übrigens eine flache Scheibe ist. Ganz sicher.

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30. Bleib‘ cool

Gefühle geraten leicht in die Zahnräder des Denkapparates. Dort bleiben sie stecken und stören die geistigen Abläufe. Lasse dich doch nicht beeinflussen von den emotionalen Filtern, die sich über die Realität legen. Keine Gefühle empfinden. Gar keine. Wenn hin und wieder Freude, Wut, Liebe oder Appetit auf Salzstangen mit Honig aufkommen, dann bitte gut verbergen. Sei wie ein Roboter, die sind unheimlich interessante Gesprächspartner.

 

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31. Stress‘ dich

Mach’ niemals zwei Sachen gleichzeitig. Mach’ sieben Sachen gleichzeitig. Der Mensch ist so gebaut, dass er nur glücklich ist, wenn er eine Vielzahl gleichzeitig zu erledigender Dinge bearbeiten muss. Natürlich solltest du auf gutes Zeitmanagement achten. Dazu ist die Erstellung einer Liste unter Einhaltung folgender Schritte notwendig:

  1. Gib’ jeder Aufgabe die höchste Wichtigkeit!
  2. Gib’ jeder Aufgabe die höchste Dringlichkeit!

So kannst du völlig entspannt und pünktlich alle Aufgaben sofort fehlerfrei abschließen. Probier’s doch einfach mal aus.

 

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32. Nimm‘ dich wichtig

Keine Frage: Du bist der Nabel der Welt, das Zentrum des Universums. Völlig unverzichtbar. Alles was passiert, hat ausschließlich mit dir zu tun. Frag immer: Wie lässt mich das aussehen? Je mehr du dein Ego fütterst, desto fetter wird es. Ein omnipräsentes Ich, das keinen Raum mehr für andere Gedanken lässt, macht ganz bestimmt glücklich.

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33. Sei ein Pessimist

Jeder mag Pessimisten! Sie starten keine Projekte und erzählen nie Witze. Und das Beste: Wenn du Geld von ihnen ausleihst, erwarten sie es nicht zurück… Alles klar?

Eine pessimistische Welteinstellung hat einen entscheidenden Vorteil: Die Dinge entwickeln sich praktisch immer besser als erwartet. Sag‘ also mindestens 20-mal am Tag „Schlechter Reis, schlechter Reis.“ Warum? Keine Ahnung, das Sushi schmeckt dann einfach toll.

 

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34. Gib‘ es aus der Hand

Dinge erledigen sich von selbst. Einfach sitzen, die Arme verschränken. Mit verschränkten Armen brauchst du nichts in die Hand zu nehmen. Alternativ, wenn deine Arme zu kurz zum Verschränken sind, kannst du sie auch in die Hosentaschen stecken. Falls sie sich in erreichbarer Nähe befinden. Wie auch immer, das soll hier nur eine Metapher sein – aber beachte die Warnung: Was du in die Hand nimmst, hast du in der Hand. Du kannst auch eine Faust machen, um dein Leben nicht in die Hand nehmen zu müssen.

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35. Schwimm‘ mit dem Strom

Ein ganzer Haufen von Weisen hebt den Zeigefinger und sagt: „Der Fluss ist nur an der Quelle rein!“

Ja, ABER dort ist er auch voll kalt. Da kommt er ja gerade erst aus dem Berg und trägt kleine Gletscher-Eiswürfel. Brrrr! Steig‘ besser erst im späteren Verlauf ein, wo der Fluss zwar ein wenig verdreckt ist, jedoch schön lauwarm durch diverse Abwässer und tausende Menschenleiber. So flutschst du ölig-eng, Schulter an Schulter, mit allen anderen durch ein Leben ohne jede Aufregung.

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36. Entscheide nichts

Entscheiden klingt fast wie Abschneiden. Eine sogenannte mutige Entscheidung schneidet dir die anderen Optionen ab. Die Möglichkeiten schreien auf und fallen dann wie welkes Laub zu Boden. Besser du entscheidest nie etwas, schiebst die Dinge vor dir her, bis die Möglichkeiten dich überwuchern. Lasse dir immer alles offen – das wird schon. Vielleicht fallen dir dann auch die Trauben in den Mund und du bist immer gut genährt.

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37. Schrumpfe mit der Aufgabe

Überanstrenge dich nicht. Das geht doch auch leichter. Wenn du drei Aufgaben vor dir hast, wähle immer die kleinste. Oder eine vierte, falls sie noch kleiner ist. Winzigste Leistungen helfen dir, immer mehr zu schrumpfen. Du kannst stolz zurückschauen auf den letzten Mikro-Erfolg, den du fast erreicht hättest und sagen: Das nächste Ziel wird noch kleiner.

 

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38. Werde reich

Häufe unbedingt Gold an. Nur exorbitanter, über alle Maßen riesiger Reichtum macht glücklich.

Es gibt einen linearen Zusammenhang zwischen Vermögen und Zufriedenheit:

  1. Unter 10 Millionen Euro musst du täglich weinen.
  2. Bis 100 Millionen wird dein Schluchzen seltener.
  3. Ab 500 Millionen kannst du manchmal lächeln.

Richtig lautes Lachen hört man von dir erst, wenn du mehr als eine Milliarde am Konto hast. Das ist dann nämlich beinahe so schön wie eine Umarmung.

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39. Mach‘ allen Vorschriften

Das geht schon mal gar nicht, dass die so bleiben, wie sie sind. Diese Mitmenschen. Alle sollten so sein wie du. Die müssen sich schon anpassen. Du passt dich ja auch an. Sie passen sich an dich an, und du dich an sie, und so geht das endlos dahin.

Damit alle wissen, wie sie zu sein haben, mache ihnen bitte Vorschriften. Menschen mögen Vorschriften, da können sie endlich das eigene Denken abmontieren, zerlegen und in einer Truhe im Garten vergraben.